Author Archives: madcybi

Der weisse Raum – Staffel 1

Ein seltsamer Raum und ein Mann, der sich nicht einmal an seinen Namen erinnern kann. Eine Sci-Fi Geschichte über einen Kampf mit der eigenen Erinnerung und einem verstörenden Geheimnis, das über das Schicksal der gesamten Menschheit entscheiden wird.

Die komplette erste Staffel findest Du hier.

Sternenfahrer

Gintoc lag mit seinem Sohn Hana vor ihrem Haus auf der üppigen Wiese, die sanft vom Licht des aufgehenden Mondes erhellt wurde und sah sich die Sterne an. Das taten die beiden in der warmen Jahreszeit öfters und genossen die gemeinsame Zeit zusammen. Er hatte ihn nur selten hier und war froh, wenn er die wenigen Stunden mit ihm auf diese Art und Weise zubringen konnte.
„Papa, diese vielen Sterne. Gibt es da noch andere wie uns?”
Gintoc räusperte sich. Sein Sohn stellte ihm diese Frage jedes Mal.
„Natürlich”, erwiderte er ruhig,”oder denkst Du wirklich, dass die Götter nur uns im unendlichen Universum versteckt haben?”
Er überlegte kurz.
„Nein, ich denke nicht, Papa.”
Die beiden lagen wortlos nebeneinander. Dann legte Hana seinen Kopf auf den Bauch seines Vaters und rutschte herum, bis er eine bequeme Position gefunden hatte. Gintoc streichelte ihn sanft durch seine Haare.
„Weisst Du, Hana, eines Tages werden wir zu den Sternen fahren und andere finden, die sind wie wir.”
„Aber Papa, das machen wir doch bereits. Du weisst schon, die vielen Raketen!”
„Richtig Hana, aber das ist erst der Anfang. Das Universum ist viel gewaltiger und wir müssen noch so viel lernen, bevor wir es richtig verstehen können.”
Mit einem Mal sauste am Himmel eine Sternschnuppe vorbei und verglühte mit einem langem Schweif in der Atmosphäre.
„Da, schau”, gluckste Hana vergnügt und zeigte auf die Sternschnuppe. “Das bringt doch Glück, oder nicht?”
Sein Vater nickte wortlos. Eine Träne rann ihm über das Gesicht und er wischte sie rasch weg, bevor sein Sohn sie bemerkte.
„Und wann fliegen wir denn zu den Sternen?”
„Bald, Hana, bald. Nur Geduld.”
Sein Sohn drehte den Kopf zum ihm.
„Aber Papa, wie bald ist bald? Und wenn sie losfliegen, kann ich dann mit dabei sein?”
Alles in ihm zog sich zusammen. Er konnte seinem Sohn kaum antworten. Mit belegter Stimme erwiderte er:„Sicher, Hana. Du musst nur noch ein bisschen durchhalten. Dann kannst Du als Astronaut irgendwann zu fernen Planeten reisen.”
Zufrieden sah sein Sohn wieder in den Himmel. Eine weitere Sternschnuppe flog über das Firmament.
„Noch eine, sieh doch Papa!”
„Ja, heute scheint zweifellos ein guter Abend zu sein.”
Hana kicherte leise und kuschelte sich näher an seinen Vater. Es war merklich kälter geworden. Gintoc griff nach der mitgebrachten Decke und deckte sich und seinen Sohn damit zu. Er achtete peinlichst genau darauf, keine der Infusionen zu behindern, die in Hanas Körper führten.
„Papa?”
„Ja, Hana?” Er wusste genau, was jetzt kam.
„Werde ich wieder gesund?”
Wie er diese Frage hasste. Nicht, weil sein Sohn sie ihm immer wieder stellte, sondern weil er keine richtige Antwort darauf geben konnte. Oder vielmehr, weil er sie ihm nicht geben wollte. Hana war unheilbar erkrankt an einem Virus, das seit einigen Jahren auftrat und ausschliesslich Kinder befiel. Die Diagnose vor ein paar Monaten war ein Schock und er hatte seither versucht, seinem Sohn die verbliebene Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten. Aber irgendwann würde der Punkt kommen, an dem er ihn einweihen musste. Laut seinem behandelnden Arzt hatte Hana lediglich noch ein paar Wochen zu leben. Danach würde das Virus die lOrgane befallen und unweigerlich zu seinem Tod führen. Gintoc lenkte ab.
„Hast Du schon gehört, dass unsere Wissenschaftler einen anderen Planeten gefunden haben, auf dem theoretisch Leben möglich wäre?”
Hana riss staunend die Augen auf und schüttelte seinen Kopf.
„Ja, ein Sternensystem mit 8 Planeten. Und der dritte Planet liegt in einem sehr guten Abstand zu seiner Sonne. Vielleicht gibt es dort auch Leben.”
Hana grübelte lange. „Wie weit ist das entfernt?”
„Viele Lichtjahre.”
„Wie weit ist das, Papa?”
„Weit, sehr weit.”
Wieder hielt er kurz inne. Es schien, als ob er versuchte, die grösseren Zusammenhänge herzustellen.
„Das bedeutet, dass wir da nicht hinfliegen können, oder”, stellte er dann plötzlich enttäuscht fest.
„Ja Hana, leider richtig. Heute und morgen nicht, aber vielleicht irgendwann einmal.”
Sein Sohn seufzte leise, fand sich dann aber mit der Antwort ab.
„Aber weisst Du, was viel wichtiger ist, Hana?”
Sein Sohn drehte seinen Kopf wieder zu ihm.
„Dass wir zwei zusammen sind.”
Sein Sohn lächelte ihn an. „Ich hab dich lieb, Papa.”
„Ich dich auch, mein Kleiner, ich dich auch!”
Sie lagen noch ein paar Stunden im Gras und genossen die Ruhe. Später am Abend musste Gintoc seinen Sohn wieder ins Krankenhaus zurückbringen, da er jeweils nur ein paar Stunden bei ihm verbringen durfte.
In den folgenden Wochen raubte ihm das Virus zusehends die Kraft bis er kurz vor seinem Geburtstag in ein tiefes Koma fiel. Zur selben Zeit entdeckten Wissenschaftler auf einem Erkundungsflug in ihrem Sonnensystem eine Sonde, auf die in unbekannten Buchstaben das Wort „VOYAGER I” aufgedruckt war. An Bord fanden Sie eine seltsame goldene Scheibe und Koordinaten von genau von diesem Sonnensystem, das sie einige Monate zuvor entdeckt hatten.
Als Gintoc seinen Sohn wie jeden Tag im Krankenhaus besuchte und ihm die Nachricht von dieser Entdeckung überbrachte, zuckte er leicht mit dem Mundwinkel. So als wollte er lächeln und seinem Vater zeigen, dass er ihn verstanden hatte und sich über die Neuigkeit freute. Er hielt Hanas Hand und hatte das Gefühl, dass er ein leichtes Drücken spüren konnte, kurz bevor sein Sohn ein letztes Mal tief einatmete und schliesslich sein Herzschlag für immer aussetzte.

Die Station – Staffel 1

“Die Station” ist die erste Staffel einer Sci-Fi Geschichte, die vom jungen Attentäter Jasa und seinem Kampf um Gerechtigkeit auf der vom Krieg geschundenen Raumstation ER-1 handelt.

Die komplette erste Staffel findest Du hier.

Notruf

“Notruf” ist ein kurzer aber intensiver Thriller, der von einem äusserst dramatischen Telefongespräch einer Mitarbeiterin des 911 Notrufs handelt.

Die komplette Geschichte findest Du hier.

Abgestürzt

Der kleine grüne Punkt auf dem Radarbildschirm blinkte bei jedem Durchgang der kreisenden Linie erneut auf. An einer Seitenwand begann eine rote Lampe äusserst bedrohlich zu blinken und erregte die Aufmerksamkeit des diensthabenden Offiziers.
Um diese Zeit dürfte sich eigentlich kein unangemeldetes Flugzeug in diesem Luftraum befinden und trotzdem tauchte da auf seinem Schirm ein Objekt auf, dass beharrlich in der immer gleichen Position verharrte. Er drückte einige Knöpfe auf seiner Konsole und griff dann zu seinem Funkgerät.

“Unbekanntes Flugobjekt, hier spricht die Flugüberwachung der Graysom Airforce Base, bitte identifizieren Sie sich.”

Keine Antwort. Der kleine grüne Punkt auf dem Radar machte keinerlei Anstalten, sich zu bewegen oder sonstwie zu signalisieren, dass er die Nachricht gerade erhalten hatte.
Nach kurzer Überschlagsberechnung der Position befand sich das Objekt irgendwo 20 Kilometer weit in der Wüste.
Der Offizier unternahm einen weiteren Versuch, das Objekt anzufunken.

“Unbekanntes Flugobjekt, hier spricht die Flugüberwachung…”

Weiter kam er nicht. Beim nächsten Durchlauf des Radars war das Objekt näher. Viel näher.
Es hatte soeben innerhalb einer einzigen Sekunde eine Distanz von ungefähr 10 Kilometer überwunden.
Er konnte erst gar nicht fassen, was er da sah und überprüfte die Konsole. Aus einer Gewohnheit heraus klopfe er mit dem Finger an den Radarbildschirm in der Hoffnung, dass der Punkt dann verschwinden würde oder zumindestens wieder in seine alte Position gehen würde. Nichts davon passierte, im Gegenteil.

Beim nächsten Durchlauf der Linie war das Objekt verschwunden. Kurz darauf hörte der Offizier eine laute Explosion gefolgt von einem kreischenden Geräusch von berstendem Metall. Er stürzte zum Fenster und sah hinaus. Einige hundert Meter vor dem Flugfeld war das Ding abgestürzt, in einen Hangar gekracht und explodiert.

Er hastete zum Telefon am anderen Ende des Raumes, griff zum Hörer und suchte nach dem Zettel, auf dem die eine Nummer stand. Erst vor einigen Tagen hatte ihm jemand diese Nummer angegeben und ihn angewiesen, im Falle von seltsamen Vorkomnissen diese Nummer zu wählen. Das konnte doch kein Zufall gewesen sein.
Schliesslich fand er den Zettel unter einigen anderen Unterlagen und tippte die Nummer ein.

Es klickte am anderen Ende der Leitung. Aber niemand meldete sich.

“Hallo? Ist da jemand dran?”

Erst hörte er nichts. Dann ein kurzes Räuspern gefolgt von einem kurzen “Ja. Sprechen Sie.”

“Hier spricht Lieutenant Grant Wilson. Ich habe die Anweisung mich auf dieser Nummer zu melden im Falle von seltsamen Vorkomnissen. Wissen Sie davon?”

“Fahren Sie fort.”

“Bei uns ist soeben etwas abgestürzt, ziemlich nahe. Das Ding war unglaublich schnell unterwegs.”

Stille am anderen Ende. Gedämpfte Stimmen. Er glaubte, eine Art Alarm zu hören.

“Wir wissen bereits davon. Bleiben Sie, wo sie sind.”

“Aber Sir, ich…” Weiter kam er nicht. Die Leitung war tot. Er legte kurz auf und drückte auf die Wahlwiederholung. Nach einigen Sekunden ertönte der nur allzu vertraute Piepton.

“Kein Anschluss unter dieser Nummer.”

Er knallte den Hörer auf die Gabel und rannte zum Fenster. In der Ferne konnte er bereits Helikopter hören. Sie kamen rasch näher.

Besuch

Hannes war auf dem Weg zu seinen Eltern. Er wohnte leider etwas weiter weg und musste gut und gerne zwei Stunden Autofahrt auf sich nehmen, wenn er die Beiden besuchen wollte. Doch das nahm er jeweils gerne auf sich. Er mochte die Besuche bei seinen Eltern sehr. Es brachte stets viele Erinnerungen hoch und oft kamen ihm dabei Dinge in den Sinn, die er längst vergessen zu haben glaubte.
Er drehte das Radio auf. Passenderweise lief ein Song von den Rolling Stones. Seine Eltern liebten die Musik der Stones. Sie waren in ihren jungen Jahren öfters zusammen an Konzerte gegangen und hatten sich ja schliesslich auch an einem kennengelernt. Das war im Sommer 1967, soweit sich Hannes erinnern konnte. Ein Jahr später hatten die Beiden dann geheiratet. Das war damals durchaus ziemlich unüblich, dass nach so kurzer Zeit geheiratet wurde. Sein Vater sagte dazu immer schnippisch, dass man halt „zuschlagen muss, solange das Essen noch heiss ist“. Immer wenn er das sagte, musste seine Mutter herzhaft lachen und verdrehte die Augen.
Hannes war inzwischen selber verheiratet und hatte zwei kleine Kinder. Und es war tatsächlich so, wie man immer sagt. Man erkennt erst, was die eigenen Eltern für einen selbst getan haben, wenn man selber zum Elternteil wird. Vorhin realisiert man nicht mal annähernd, was für eine bedingungslose Liebe und Hingabe dahintersteckt.
Sie liebten seine zwei Jungs abgöttisch und hatten sie jeweils an Weihnachten mit mehr Geschenken eingedeckt, als wirklich gut war. Aber das war schon okay so. Dieses Recht durften sich Grosseltern wohl einfach rausnehmen. Als Hannes heute aus dem Haus ging und sich verabschiedete, wollten seine beiden Jungs ganz plötzlich auch mitkommen. Aber er musste ablehnen, heute wollte er seine Eltern mal wieder ganz alleine besuchen und über alte Zeiten sprechen. Und nicht nur darüber, was die Kinder die letzten Wochen so alles erlebt hatten.

Er nahm nun die nächste Ausfahrt und fuhr nach einem kurzen Landstrassenabschnitt in das Dorf, in dem er aufgewachsen war. Seine Eltern waren immer hier geblieben und hatten auch nie das Bedürfnis, irgendwo sonst hinzugehen. Warum auch, es gefiel ihnen hier und es gab keinen Grund zur Veränderung.
Hannes fuhr weiter und kam an seiner alten Schule vorbei. Es kamen immer dieselben Erinnerungen hoch, wenn er hier vorbeifuhr und hinter den Bäumen das Schulhaus auftauchen sah. Einerseits, dass er auf dem Pausenplatz ständig von Peter und seinen Kumpels verprügelt wurde und andererseits, dass er hier mit Marie seinen ersten Kuss erlebte. Da hinten an diesem alten grossen Baum, der da immer noch stand. Seltsamerweise hatte er mit Peter noch immer regen Kontakt, mit Marie aber nicht mehr. Er hatte sie schon ziemlich bald nach dem Ende der Schulzeit aus den Augen verloren und nie mehr wieder etwas von ihr gehört. Mit Peter ging er ab und an ein Bier trinken und quatschte vornehmlich über Fussball. Die Prügeleien früher sprach keiner jemals an.
Hannes näherte sich seinem Zielort, bog links ab und parkierte sein Auto. Er öffnete die Wagentüre und stieg aus. Nachdem er seinen Wagen mit einem Druck auf die Funkfernbedienung abgeschlossen hatte, lief er zwischen grossen Bäumen hindurch einen kurzen Kiesweg entlang, bis er zu einem Gartentor kam. Er öffnete es und trat auf den gepflasterten Weg. Einige hundert Meter weiter blieb er stehen, ging langsam in die Knie und berührte sanft die beiden Grabsteine.

„Hallo Mama. Hallo Papa.“